Ausgangslage
Frau P. hatte eine große Leidenschaft: Menschen mit gutem Essen glücklich zu machen. Jahrelang arbeitete sie mit Hingabe als Köchin – zunächst als Jungköchin im In- und Ausland, später als Allein- oder Catering-Köchin in verschiedenen Cafés und Restaurants in Hamburg. Über zwei Jahrzehnte übte sie diese körperlich anspruchsvolle Tätigkeit aus und bereitete ihren Gästen mit Liebe ihre Speisen zu.
Mit der Zeit bemerkte Frau P. zunehmende Schmerzen im Handgelenk – Schmerzen, die sie zunächst verdrängte. Später kamen Beschwerden im Ellenbogen dazu, und die tägliche Arbeit überschritt nach und nach ihre körperliche Belastungsgrenze. Eine Odyssee mit Arztbesuchen begann, geprägt vom schlechten Gewissen – gegenüber sich selbst und dem Arbeitgeber. Der Arzt schrieb sie arbeitsunfähig. Nach der medizinischen REHA und ersten eigeninitiativen Versuchen, neue Wege einzuschlagen, stellte sie einen Antrag auf LTA (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) und kam so schließlich zu uns in die berufliche REHA.
Wer bin ich, wenn ich nicht koche?
Diese Frage hallte bei Frau P. immer wieder nach. Ihre Arbeit war über Jahre hinweg mehr als nur ein Beruf – sie war Ausdruck ihrer Stärke, ihrer Kreativität und ihres Durchhaltevermögens. In jeder ihrer Speisen steckte ein Teil ihrer Persönlichkeit. Die Anerkennung, die sie dafür erhielt, gab ihr das Gefühl, genau am richtigen Platz zu sein. Der Gedanke, den geliebten Beruf der Köchin hinter sich zu lassen, fühlte sich wie ein Verlust an. Doch verstand sie zunehmend: „Ich muss mich auf die Suche nach einem neuen beruflichen Weg machen.“
Bevor Frau P. zur faw REHA kam, hatte sie als ehemalige Köchin und Hundebesitzerin bereits ein Fernstudium zur Ernährungsberaterin absolviert und stand kurz vor dem Ende des Fernstudiums zur Hundepsychologin. Da diese Berufe oft in selbstständiger Tätigkeit durchgeführt werden, kamen sie jedoch nicht in Frage.
In der faw begann für Frau P. eine Reise zu sich selbst. In Gesprächen fanden wir gemeinsam heraus, was sie ausmacht – ihre Stärken, Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften und auch, wie wichtig passende Arbeitsbedingungen für sie sind. Viele Fähigkeiten, die sie in der Küche eingesetzt hat – Teamfähigkeit, Kommunikationsstärke, Durchhaltevermögen, Kreativität, Verlässlichkeit – konnte sie wunderbar in neuen Kontexten ausprobieren. Langsam wichen ihre Sorgen und die Neugier gewann Oberhand:
Ich bin so viel mehr als nur Köchin.
Frau P. begann, sich in verschiedenen Praktika auszuprobieren. Während sie Büro- und Verwaltungstätigkeiten schnell ausschließen konnte, spürte sie im sozialen Bereich zum ersten Mal wieder Interesse und Sinn. Ermutigt von Mitarbeitenden der faw wagte sie den Schritt und absolvierte Praktika in mehreren Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. In der anschließenden Reflexion stellte sie fest, dass sie nicht nur viel Freude in ihren Praktika empfand, sondern auch das Gefühl von Sinn und Erfüllung bei der Arbeit – ein Gefühl, das sie bisher nur aus der Küche kannte.
„Die Zeit in der faw hat mich reich gemacht“,
erzählt Frau P. „Ich wurde reich, indem ich meine Geschichte geteilt habe – mit all den anderen Menschen, die sich hier neu ausrichten und mich wirklich verstehen konnten, und mit den Mitarbeitenden, die mir Mut gemacht haben und mir geholfen haben, einen neuen Blick auf mich und meine beruflichen Möglichkeiten zu entwickeln.“
Frau P. entschied sich für eine Stelle als Schulbegleiterin an einer Schule mit dem Schwerpunkt geistige Behinderung. Sie hat eine neue Berufung gefunden, einen Job, der sie glücklich macht. Eine neue Identität, bei der ihre Stärken zum Einsatz kommen, die nicht nur ihre körperliche Kraft, sondern vor allem ihr Wesen widerspiegeln.
Wir wünschen ihr auf ihrem weiteren Weg alles Gute!