Was macht die Maßnahme nach § 60 SGB IX besonders?
Schüler: Sie richtet sich an Menschen, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weniger als drei Stunden täglich arbeitsfähig sind. Ihre Bedarfe sind oft sehr individuell – und genau darauf stimmen wir die Maßnahme ab. Gemeinsam mit den Teilnehmenden erarbeiten wir ihre Ressourcen, Interessen und beruflichen Ziele. Nach einem entsprechenden Profiling von bis zu drei Monaten erhalten sie Innerhalb von bis zu 24 Monaten eine passgenaue berufliche BiIdung – mit dem Ziel, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Denn sie bringen genau diesen Wunsch mit: etwas lernen und selbst Geld verdienen.
Wie unterscheidet sich das Angebot von der Werkstatt für behinderte Menschen?
Hofmann: Der größte Unterschied: Unsere Bildung findet in Betrieben der freien Wirtschaft statt – nicht in geschützten Bereichen. In der WfbM ist die Auswahl an Berufsbereichen begrenzt, und die Teilnehmenden müssen sich früh festlegen. Bei uns können sie sich offen orientieren und ihren eigenen Weg finden. Deshalb auch unser Motto: Einfach entfalten. Wichtig ist uns: Wir verstehen uns nicht als Konkurrenz zur WfbM, sondern als sinnvolle Ergänzung.
Wie kommen die Teilnehmenden zur faw?
Schüler: Meist erfolgt die Empfehlung durch die Reha-Berater der Agentur für Arbeit. Viele sind junge Menschen direkt nach der Schule, andere kommen aus berufsvorbereitenden Einrichtungen. In einem ersten Gespräch – oft mit Eltern oder Betreuern – klären wir, ob die Maßnahme passt. Bei rund 90 % ist das der Fall.
Wie beginnt die Maßnahme?
Schüler: Mit einem bis zu dreimonatigen Eingangsverfahren. In dieser Zeit lernen wir die Teilnehmenden intensiv kennen – mit professionellen Verfahren zur Kompetenzfeststellung. Parallel suchen wir passende Betriebe für erste Praxiserfahrungen und die spätere Qualifizierung.
Hofmann: Selbstbestimmung ist uns wichtig – auch im Alltag. Viele Teilnehmende nutzen öffentliche Verkehrsmittel oder lernen, diese schrittweise zu nutzen. Sie gehen zur Arbeit wie alle anderen auch – das stärkt Selbstvertrauen und Eigenständigkeit.
Welche Rolle spielen die Betriebe?
Hofmann: Eine zentrale! Sie sind nicht nur Arbeitgeber, sondern auch Bildungspartner. Wir etablieren ein Patensystem und bereiten die Betriebe intensiv auf ihre Rolle vor – etwa im Umgang mit der jeweiligen Behinderung. Wichtig ist auch das regelmäßige Feedback zur Entwicklung der Teilnehmenden.
Wie läuft die Begleitung im Alltag?
Schüler: Eine Kollegin ist mindestens einmal pro Woche im Betrieb, um den Prozess zu begleiten und die Bildungsqualität zu sichern. Einmal wöchentlich treffen sich alle Teilnehmenden zum Gruppentag in der faw – mit Themen wie Alltagskompetenz oder psychischer Gesundheit. Gemeinsames Kochen stärkt zusätzlich soziale Fähigkeiten. Nachmittags gibt es individuelle Angebote, abgestimmt auf die jeweiligen Bildungsziele.
Gibt es schon Erfolgsgeschichten?
Hofmann: Viele! Eine junge Frau mit Lernbehinderung hatte zuvor mehrfach den Betrieb gewechselt. Wir fanden für sie eine passende Aufgabe in einer Metzgerei mit Partyservice – dort wurde sie übernommen. Auch wenn die Tätigkeit einfach ist, ist sie Teil des allgemeinen Arbeitsmarkts. Diese Teilnehmerin arbeitet auch nach fast zwei Jahren immer noch in diesem Betrieb.
Hier finden Sie weitere Informationen zum § 60 Projekt in Plauen.